Bevor ich versuche das ganze Geschehene nachzuholen, will ich ein aktuelles Thema dazwischenschieben, wobei ich aber nicht ganz neutral bleiben kann, es dank des Blogs ja aber auch nicht sein muss… In Schweden wurde gewählt! Ich war leider nicht Stimmberechtigt, da ich mich hätte vier Tage vorher registrieren lassen müsste und dafür auch noch eine Personalnummer gebraucht hätte (die wird hier für alles gebraucht -> hol ich mir noch). Schwdens Politik wurde bisher von zwei großen Blöcken bestimmt. Dem roten Block (Sozialdemokraten, Linkspatei und Grünen – hier haben die nicht solche Probleme mit links wie in Deutschland) und dem blauen Block (Moderaterna- sowas wie der linke Flügel der CDU, Christian Demokrats, Center und Liberals).
Nur mit kurzen Unterbrechungen hat der rote Block in Schweden regiert, doch seit 2006 ist jetzt nun der blaue Block in der Regierung. Das ganze, recht stabile System, das es bisher sehr gut geschafft hat in einem Vielparteiensystem (7 Parteien im Reichstag bei einer 4%-Hürde) steht jetzt nach der Wahl am 19.9.2010 auf der Kippe.

Hier das Wahlergebnis der Wahl 2010 - Quelle: The Local, 24.09.2010
Wieder hat es der rote Block nicht geschafft, genug Stimmen auf sich zu vereinigen und ihn damit, dank dem schlechten Abschneiden der Sozialdemokraten, in die größte Krise seiner Geschichte geführt. Doch auch dem blauen Block fehlen 20 Sitze im Parlament zur absoluten Mehrheit. Das alles liegt nur an einer neuen Partei im Reichstag: Den Sverigedemokraterna – Schwedens Demokraten (SD). Es ist eine rechtspopulistische Partei, die trotz ihrer Aussage Rassismus abzulehnen, besonders mit Ausländerfeindlichen und Immigrationskritischen Aussagen im Wahlkampf von sich Reden gemacht hat. In einem ihrer Wahlwerbespots, den die Fernsehstationen aber geweigert haben zu senden, wird eine Rentnerin auf dem Weg zur Rente von Rentnerinnen in Burkas überholt. Die Immigranten würden den Schweden die Sozialleistungen wie die Rente vor der Nase wegschnappen. Hier der Link zu dem Spot, ihr könnt euch ja selbst eine Meinung dazu bilden. Besonders in Südschweden hat sie einen starken Zuspruch bekommen, so hat sie im Umkreis Malmös (direkt gegebüber von Kopenhagen) bis zu 15 % der Stimmen bekommen, hier in Umeå nur weniger als 1%.
Es scheint, als schwappe die rechte Stimmung, die Hetze gegen Ausländer und Immigranten auch in das noch so tolerante Schweden über. Im benachbarten Dänemark wird die Minderheitsregierung der Liberalen Partei durch die rechtspopulistische Dänische Volkspartei geduldet, in Frankreich und Italien werden offen Sinti und Roma ausgewiesen, eine in diesem Zusammenhang meiner Meinung nach garnicht so falsche Aussage von Viviane Reding, EU-Justizkommissarin, wird als Europäischer Skandal bezeichnet und in Deutschland ist dank Thilo Sarrazin die Immigrationspolitik im Mittelpunkt des Blickpunkts. Selbst in den Nachrichten wird schon behauptet, dass er damit nur eine Mehrheitsmeinung aufgreift. Ist Europa wirklich so weit nach rechts gerutscht? Wird im Zuge der Finanzkrise ein Feindbild aufgebaut, wie es schon einmal geschehen ist? Armes Europa…
Wenigstens wird keine der bisherigen Parteien im Reichstag mit der SD koalieren, da allgemein angenommen wird, dass es politischem Selbstmord gleichkäme. Frederik Reinfeld, Schwedens Ministerpräsident, hat gleich in der Wahlnacht nun versucht die Miljöpartiet, die Grüne Partei Schwedens, in seine Koalition einzubinden oder zumindest von ihr geduldet zu werden Meiner Meinung nach wird das nicht passieren. Ein Schwerpunkt des blauen Blocks ist besonders unter Führung der Folkspartiet der Neubau von bis zu 12 neuen Kernkraftwerken um unabhängiger vom Ausland zu sein. Der Nichtbau von Kernkraftwerken war das Hauptargument der Grünen. Es gibt also noch eine Menge Streit, der durch das komplizierte Auszählungsverfahren im Moment noch verschärft wird. In einigen Kreisen fehlten nur 7-9 Stimmen für Sitze (natürlich wird geklagt) und auch das Verteilungssystem der Sitze steht zur Debatte. Es wird also Spannend in nächster Zeit, wie sich Schweden orientieren wird. Ob die SD in Schweden, wie auch damals in Dänemark, eine Zukunft hat und sich etablieren kann? Ich hoffe nicht.
Ps.: Hier in Schweden werden übrigends nicht die Wähler der SD für das gute Abschneiden der rechten Partei als Verantwortliche gesehen. Jeder darf hier seine Meinung äußern und sie versuchen politisch durchzusetzen, da niemand von sich behauptet seine Meinung sei mehr Wert, als die der Anderen (siehe auch das Jäntelagen). Verantwortlich sondern eine ganz andere Gruppe: Die Gruppe der Nichtwähler. Schweden hat zwar mit über 82% Wahlbeteiligung eine der höchsten ganz Europas, aber Wählen wird als Bürgerpflicht und daher die 18% als Schuldige gesehen. Auch mal eine Ansichtsweise.
edit: Passend zum Thema gibt es gerade eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung zum Thema, hier im Spiegel diskutiert und hier geht’s direkt zur Studie.
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